Juliane Schenk ist die beste deutsche Badminton-Spielerin. Die 29-Jährige, die in Mülheim lebt und trainiert, hat im vergangenen Jahr bei der WM Bronze gewonnen, ist Vize-Europameisterin und steht in der Weltrangliste auf Platz acht. Bei den Olympischen Spielen, die am 27. Juli in London beginnen, will sie eine Medaille gewinnen. In der Serie „Der Weg nach London“ begleiten wir Juliane Schenk bei ihrer Vorbereitung.
Essen/Mülheim.
Man denkt: Der Mond kreist um die Erde. Man denkt: Benzin wird immer teurer. Und man denkt: In der heißen Vorbereitungsphase zwei Monate vor den Olympischen Spielen trainieren alle Medaillen-Kandidaten wie besessen. Letzteres ist falsch.
Zumindest bei Juliane Schenk. Sie ist ohne Badminton-Schläger für zwei Wochen nach Mexiko geflogen. Einfach nur Urlaub für Seele und Körper. „Ich habe allerdings darauf geachtet, dass es im Hotel einen guten Fitness-Raum gibt“, sagt die 29-Jährige. „Die zwei Wochen waren meine Oase. Ich weiß am besten, was gut für mich ist.“ Sie sagt das mit einer Selbstverständlichkeit, mit der andere unter der Dusche pfeifen.
Doch Juliane Schenk achtet nicht nur in der Vorbereitung auf Olympia auf die Balance zwischen Wettkampf und Ausgleich. Sie hat in fast 15 Jahren Leistungssport gelernt, dass sie beide Bereiche im Leben braucht. „80 Prozent sind der Sport, aber 20 Prozent nehme ich mir für alles andere.“ Schenk kriegt es immer irgendwie organisiert, dabei wäre es manchmal vielleicht sogar einfacher, Wasser in Würfelform zu bringen.
Vom Spielfeld zur Hochzeit des Bruders
Beispiel: An dem Tag, an dem ihr Bruder heiratete, musste sie in der Bundesliga antreten. Die Begegnung begann um 13 Uhr in Mülheim, um 15 Uhr war die Trauung in Krefeld. „Ich wusste, dass ich meine beiden Spiele möglichst schnell gewinnen musste.“ Schenk lächelt. „Habe ich dann auch gemacht.“ Rein ins Auto, fünf Minuten vor der Hochzeit den Wagen auf dem Parkplatz der Kirche abgestellt, im Auto umgezogen. Geschafft!
„Manchmal“, so gibt sie aber zu, „ist rund ums Training, die Reisen und die Turniere alles etwas schwierig.“ Sie weiß, dass sie nur über wenig Zeit für Freizeit verfügt. „Aber dadurch plane ich bewusster und erlebe bewusster.“
Im EM-Finale hatte sie Muskelkater von der Gartenarbeit
Und manchmal, wenn ihr großer Freund, der Enthusiasmus, sie packt, bleiben sogar die Gedanken an Konsequenzen auf der Strecke. Wie zuletzt vor der Europameisterschaft in Schweden. Am Tag vor dem Abflug half Juliane Schenk Freunden bei der Gartenarbeit, eine riesige Efeu-Hecke musste gestutzt werden. Unmengen von Grün landeten auf dem Rasen, und Schenk schleppte stundenlang alles weg. Als sie am nächsten Morgen aufstand, hatte sie einen grausamen Muskelkater.
„Aber in solchen Momenten wie im Garten nehme ich keine Rücksicht auf den Sport“, sagt sie. „Und am Ende bin ich bei der EM trotz Muskelkater ins Finale gekommen.“
Auch den Verzicht auf ein normales Studium findet Schenk nicht schlimm. Nach dem Abitur ist sie Sportsoldatin geworden und trainiert seitdem so gut wie jeden Tag zweimal zwei Stunden. Badminton und Schenk ist ein wenig wie Castrop und Rauxel, man gehört eben zusammen. Sie sagt: „Mir hat der Sport soviel gegeben, dass ich mir ein Leben ohne ihn gar nicht vorstellen kann.“
Trainer-Lizenz, Studium, Training – alles mit Leidenschaft und Energie
Doch diese Herausforderung allein reicht ihr nicht. Vor fünf Jahren hat sie die Prüfungen zur Trainer-Lizenz beim Deutschen Badminton-Verband bestanden. Und im Moment läuft ihr 18-monatiges Fernstudium im Studiengang Sportmanagement. Im Herbst ist die Abschlussprüfung. „Du musst als Leistungssportler eigentlich auf gar nichts verzichten“, sagt sie. „Ich mache die Dinge, die ich machen möchte, mit Leidenschaft und Energie. So bekommt alles einen Sinn.“
Auch ein zweiwöchiger Urlaub in der heißen Vorbereitungsphase. „Ich fühle mich sehr gut“, sagt Schenk, als sie gerade einen Tag aus Mexiko zurück ist. „Das war genau das, was ich mit Blick auf Olympia gebraucht habe.“ Dann geht sie zum Training.