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Corona in Essen: Schulleiterin spricht Klartext – „Größeres Aggressionspotential“ wegen Pandemie

Corona in Essen: Schulleiterin spricht Klartext – „Größeres Aggressionspotential“ wegen Pandemie

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Landtag NRW: Hier werden die Entscheidungen getroffen

Corona in Essen: Schulleiterin spricht Klartext – „Größeres Aggressionspotential“ wegen Pandemie

Landtag NRW: Hier werden die Entscheidungen getroffen

In Düsseldorf liegt das politische Machtzentrum von Nordrhein-Westfalen. Doch seit wann ist das so und wie viele Politiker sitzen eigentlich im Landtag.

Essen. 

Corona

hat unser aller Leben verändert. Besonders hart trifft es auch die Jüngeren, meint Simone Reuen, Schulleiterin am Burggymnasium in Essen. „Psychische Auffälligkeiten bei Schülerinnen und Schülern haben deutlich zugenommen“, sagt sie. „Sie äußern sich auf ganz unterschiedliche Weise. Einige Kinder ziehen sich ganz in sich zurück, andere wiederum weisen ein größeres Aggressionspotenzial auf, das sich leider auch immer wieder in der Schule entlädt.“

Ein vorrübergehender Ausnahmezustand? Ungewiss. Denn die Schulleiterin aus Essen meint, dass psychische Probleme und Lerndefizite die Schülerinnen und Schüler nach zwei langen Corona-Jahren noch einige Zeit durcheinanderwirbeln.

Corona in Essen: Irre Szenen im Gymnasium

Kein Wunder, schließlich haben Maskenpflicht, Distanzunterricht und Lernrückstände den Schulalltag grundlegend verändert. Ständig neue Corona-Regeln, die erdrückende Enge in der elterlichen Wohnung, die ungewisse Zukunft. Was kommt für die Schüler als nächstes?

Manchen Schülern fehle ein Ventil, um diesen Druck vernünftig abzubauen. Deswegen verhalten sich einige Jugendliche aggressiv gegenüber Mitschülern, andere wiederrum gegenüber sich selbst. Auch Selbstverletzungen haben laut Reuen zugenommen, vor allem in der Mittelstufe. „Man kann nur die Wunden an der Oberfläche sehen“, sagt die Schulleiterin.

Wieder anderen fällt es schwer, regelmäßig am Unterricht teilzunehmen. „Schulvermeidungsstrategien“, so nennt sie Reuen, „sind bei uns zwar zum Glück kein flächendeckendes Problem.“ Aber dennoch: „In einer Jahrgangsstufe von 140 Jugendlichen betrifft es etwa zehn. Vor der Pandemie waren es lediglich mal einer oder zwei.“

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Alarmierende Beobachtungen, die ihren Ursprung in der anhaltend erdrückenden Corona-Lage finden. Die Umstände setzen der Psyche zu, sagt Reuen. Die Folge: Sozialphobie, Schulangst, Leistungsdruck, Depressionen.

Essen: Depressionen unter Jugendlichen nehmen zu

In Sachen Depressionen hat auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung eine dramatische Zunahme unter Jugendlichen festgestellt. In einer Studie fanden die Forschenden heraus, dass über 25 Prozent nach dem ersten Lockdown Symptome einer Depression zeigen. Vor Corona seien es 10 Prozent gewesen.

„Durch Schulschließungen brechen alltagssichernde Strukturen weg, Kinder bewegen sich weniger, ernähren sich häufig ungesünder und die Mediennutzung steigt stark an“, erklären die AutorInnen. Helfen würden „sportliche Aktivität“ und „soziale Kontakte“. Dinge, die wegen der Pandemie ausfallen.

Essen: Schulleiterin wünscht Präsenzunterricht

Wie wichtig diese Kontakte sind, weiß auch Reuen. Sie wünscht sich daher weiterhin Präsenzunterricht für ihre Schülerinnen und Schüler. Außerdem „eine intensive Betreuung durch Fachkräfte“ wie Christian Zegers, Schulsozialarbeiter am Burggymnasium Essen, sie bietet.

Doch eine Person sei zu wenig, sie alle aufzufangen. Kurzfristige Unterstützung sei nötig. „Ich habe den Eindruck, dass das Problem in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, aber erst mittel- oder langfristig mit Hilfen vor Ort zu rechnen ist“, sagt sie. Schon jetzt seien viele Lehrkräfte stark belastet, der Personalmangel sei in Zeiten von Corona noch deutlicher sichtbar.

„Defizite werden uns noch eine Weile begleiten“

Nötig sei Hilfe auch, damit sich bereits vorhandene Lerndefizite nicht noch weiter ausprägen. „Wir müssen viele Schülerinnen und Schüler erst wieder ans Lernen heranführen. Die Defizite werden uns noch eine Weile begleiten. Wir versuchen, sie auszugleichen. Aber man braucht einen langen Atem.“

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Psychologische Hilfen für Schülerinnen und Schüler:

  • Bei Problemen helfen Klassen- oder Vertrauenslehrer und Schulsozialarbeiter innerhalb der Schule weiter
  • In jeder Stadt gibt es außerdem Familienberatungsstellen. Eine Übersicht findest du HIER bei der bke, dort kannst du auch mit Experten chatten oder per E-Mail Hilfe erhalten
  • Besorgte Erwachsene mit Fragen zum Kind oder häuslichem Lernen können sich an schulpsychologische Beratungsstellen wenden, HIER stellt das Schulministerium eine Übersicht zur Verfügung
  • Tipps gegen den Lagerkoller zuhause hat die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (GDPs) HIER für dich gesammelt

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Geht sie selbst unter diesen widrigen Umständen gern zur Arbeit? Klares „Ja“ von Reuen. Auch, wenn die Zeiten schwierig seien: „Alle Kollegen sind noch mit Herzblut dabei.“ Daran ändere die zusätzliche Belastung und die weiteren Aufgaben, die alle übernehmen müssen, nichts.

„Mir persönlich geht es nahe, wenn ich sehe, dass es Schülerinnen und Schülern schlecht geht. Man nimmt das mit nach Hause. Es ist eine Belastung zu sehen, dass es bislang nur eingeschränkte Möglichkeiten gibt, die Situation zu verbessern.“ (vh)